Nachlese zur Erdmittelalter-Lesebühne mit Martin Fritz
Fängt man mit dem Moment an, den ihr vergnügungssüchtigen Mäuse/Barbies am ergötzlichsten gefunden habt, muss es der sein, in dem die praktisch blinde Dinosaurier-Darstellerin Meindl das gesamte Bühnenbild höchst slap sticky umgeschmissen hat. Wahrscheinlich ist der unfreiwillig geleistete Humor doch der bessere - analog zur Welt der Wirtschaft, da arbeiten die meisten eigentlich auch nicht freiwillig. Oben abgelichtet jedenfalls die beschämte Präsidentin, die im Geiste schon die Versicherungsmeldung wegen der zerstörten Infrastruktur im Kultur HOF formuliert: "Schadensfall wegen Meteoriteneinschlag bzw. fallenden Dinosauriers (Sehschlitze im Godzilla-Kopf zu klein)".
Aber fangen wir erdgeschichtlich von vorn an, beim ältesten OLW-Mitglied Professor Buttinger, der sich zwar auch nicht persönlich ans Mesozoikum erinnern kann, aber sehr viel darüber nachgedacht und dabei herausgefunden hat, dass Caprese aus dieser Ära stammt. Und haben Sie gewusst, dass die Dinosaurier schon organisiert waren und aus internationaler Solidarität miteinander ausgestorben sind? Es folgte ihnen das Gesindel der kleinen Säugetiere - man sieht ja heute, was es gebracht hat. Aus literaturwissenschaftlicher Sicht muss man den Klaus unseres Vertrauens auch dafür loben, die meisten gängigen Ausdrucksformen berücksichtigt zu haben, denn nach seinem einführenden Prosa-Essay gab er singend den Beatles die Ehre ("Gestern erst woa nu ollas ka Problem" o.Ä.), bevor er schließlich lyrisch mit uns wurde: "Oh, was gäb' ich drum / lebt ich im Mesozoikum").
Unser lieber Gast Martin Fritz hatte es mit dem Glück des Tüchtigen unbeschadet über das kleine deutsche Eck geschafft (so etwas wie der evolutionäre Flaschenhals des Anthropozäns). Er nutzte seine Anwesenheit nicht nur für einen Lichtbildvortrag über extrem gut gelaunte Dinosaurier und Säugetiere, sondern erläuterte das Phänomen des "Slamwashings", dass also olle Locations mit einem Poetry Slam cool gemacht werden sollen. Konkret im Museum Ferdinandeum, in dem sehr, sehr viele Schwerter zu sehen sein sollen, dazu "kinky torture Bilder von Heiligen". Durchs Museum zu gehen sei wie Scrollen durch das Zeug toter Menschen.
Der zweite Text war ein emphatisches Plädoyer für Ersatzprodukte und Funktionskleidung, denn "ich wäre ja auch viel lieber nicht ich, wir haben doch Besseres verdient!" Bei Gelegenheit müssen wir ihn um das Rezept für den Kuchen fragen, der frittiert, mit Käse überbacken, in Spaghettiform gebracht paniert etc. wird.
In seinem dritten Text brachte Fritz uns sein Februar-Motto nahe: "Von den Besten lernen!" Ein Fund aus der Grabbelkiste in der Uni-Bibliothek IBK, in dem neun Männer und drei Frauen namens Sabine High Performance Tipps geben, etwa diesen: "Sagen Sie sich als Profi, es ist immer eine gute Zeit zu telefonieren und dann werden Sie genau diese Erfahrung machen!" Wenn Aliens einmal fragen, warum wir unsere Erde ruiniert haben, erklären Sie ihnen, dass es leider nicht anders ging! Und den menschlichen Mäusen, die sich in ihren Höhlen vor der Zukunft fürchten, sagen Sie: Es ist immer eine gute Zeit zu telefonieren."
Präsidentin Dominika Meindl (heimliche Telefonier-Phobikerin) hatte sich in den vergangenen Wochen recht autobiographisch in unser Erdmittelalter eingefühlt, weswegen sie ihre eigene Midlife Crisis ins Mesozoikum hineinprojizierte. In der guten alten Zeit habe es weder Fieberblasen noch Mentalcoaches gegeben, weder Winkfleisch noch Cancel Culture. "No religion, too! Just a brotherhood of little mice". Im Fernsehen gab es noch keine Familie Putz (wobei man sich bei der nicht sicher sein kann). Vor lauter Nostalgie driftete sie innerlich nach rechts und verwahrloste seelisch. Aber nur kurz, ein kleiner Meteoritenschlag auf den Schädel erhöhte wieder ihr Empathievermögen. Deswegen fügte sie ihrer "Fredermink, die Wandermaus"-Reihe das Kapitel "Im Mäusozoikum" an. Gearbeitet wird dort schon wieder nicht, weswegen sich Karl, die Kanzlermaus schon wieder sehr rantet. Aber "als Fredermink ihre letzte Geschichte erzählt hatte, waren Eiszeit und Patriarchat schon wieder vorbei."
Chefingenieur René Monet versetzte Publikum und Kollegium zuerst in Entsetzen, weil er einen weißen Handschuh trug. Hilfe, hat er etwa eine PANTOMIMENUMMER einstudiert?!?!?? Zum Glück hat er sich nur beim Schneiden eines alten Parmesans den Finger abgeschnitten, und zum Glück ist er - entgegen seiner Ankündigung - nicht live an einer Blutvergiftung gestorben. "Nehmt's immer ein ganz scharfes Messer, dann tut es nicht so weh, wenn man sich schneidet. Es geht halt tiefer rein." Buttinger: "Ganz selten redest du einen Blödsinn. Jetzt zum Beispiel."
Unser verrückter lieber Ingenieur machte aus seiner Fingernot eine Tugend und verlegte sich musikalisch auf die Gründung des ersten Ansfeldner Heimorgelorchesters. "I glaub, i nimm Polka", sprach er, und sang dazu das anrührende Lied "Studienrichtungen" über die Paläontologiestudentin Elke, die Carbonatmikrofaeces untersuchen muss (also alten Kot).
Dann las er in der Kategorie "Verschwörungstheorie des Monats" einen einfühlsamen Beitrag über einen Arbeitstag im Leben des Reptilmenschen Karl Nehammer aus Atlantis, dem das Rattensashimi heute nicht schmeckt, weil er nicht im Privatjet nach Moskau reisen darf.
Besonders heldenhaft war Monets Liedleistung bei der Umdichtung von Elton Johns "Sorry seems to be the Hardest Word" in ein Drama zwischen Nähe und Distanz: Ein Komet verliebt sich in Mutter Erde, aber seine Liebe rottet die Dinosaurier aus. Dazu wünschte Monet sich subtilen Ausdruckstanz, was in die eingangs erwähnte "Katastrophe" zerstörter Bühnenvegetation und technischer Ausstattung mündete. "Das kommt davon, weil wir den Tanz vorher geprobt haben!", findet Meindl.
Im Tagebuch ging es wieder hoch her. Buttinger erfindet einen neuen Raketentreibstoff, löst dabei aber einen Asteroidenregen aus, der just auf Ansfelden zu stürzen und dabei René Monets Dinosaurier-Ei-Legebatterie zu zerschmettern droht. Martin Fritz entspannt sich derweil in der Therme Bad Schallerbach bei Themenaufgüssen. Die Präsidentin ist genervt über den ganzen Trallawatsch.
Die Tombola des Grauens enttäuschte nicht, denn mittlerweile weiß das Publikum, dass es Enttäuschungen zu erwarten hat:
Es ist ja in Wahrheit so wie im Food-Blogging-Sektor: Es geht darum, wie alles angerichtet wird. Hier wird ein Weinkühler mit der Landesflagge der Republik Südafrika vergeben (die Präsidentin hat ihn zu 3% als stillen Protest gegen den Genozid-Vorwurf bei den UN aussortiert, zu 97% deswegen, weil man so einen Weinkühler in einem Proletenhaushalt wie dem ihren eh nie braucht).
Die nächste Lesebühne lauert euch am 29. März, 20 Uhr auf - im Strandgut, heuer zum ersten Mal! Große Vorfreude aufs Heimspiel. Und mindestens so große Vorfreude auf unsere Gästin Anna Lena Obermoser!
Fotos: Cordl Meindl (Decker bringt Entschuldigung vom Hausarzt nach)
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