Derzeit lebt man ja in minderwertigen Zeiten - was die Generation X vor spannende Herausforderungen stellt: Erzogen wurden wir ja im Glauben, nichts Besonderes zu sein und sehr brav im neoliberalen Hamsterradl hurteln zu müssen. Da erschien uns das Scheitern als passende Verweigerungshaltung, der Herr Beck hat uns eine Hymne dazu geschrieben. Was für ein Unfug.
So schaut das Nichtscheitern aus (Good Girl! Good Boys!) Foto: Hermann Zirknitzer, merci!
Jetzt sind aber alle so dermaßen deppert in der Welt draußen, und wir armen Deppen zwischen 41 und 59 grad so eingespannt im Hamsterradl, dass Scheitern echt keine Option ist, wenn das noch was werden soll. Also haben wir einmal angefangen mit der Weltrettung und eine sehr gelungene Lesebühne in den Raum gestellt (auch wenn wir überhaupt nichts geübt haben dafür). So ehrlich muss man schon sein! Jetzt ist nämlich Schluss mit der Dezenz der Generation Loser!
Wie war's also konkret am vergangenen Freitag, geschätzte Fördergeber, liebe Nachwelt, verehrte Verhinderte? In seinem Einführungsvortrag stellte unsere Gescheithaube Prof. Buttinger gleich einmal fest, dass das Scheitern nicht nur systemimmanent sei, sondern geradezu notwendig für den Fortschritt! Wie gut etwa, dass die Nazis mit ihrem 1000-jährigen Reich gescheitert sind, die 12 Jahre reichen eh in die Haut hinein (und jetzt feiern sie außerdem grad ihr Comeback, ächz). Sehr wahr aber auch: Nur, wer keine bis geringe Erwartungen hat, kann Scheitern vermeiden." In seinem musikalischen Beitrag besang der Buttinger eine verpasste sexuelle Beiwohnung, denn "wauna ruaft, da Wirt, daun muass i hi!" Und als Lyrikzuständiger forderte er relativ unverschlüsselt zum Tyrannenmord in den USA auf - El Hotzo wurde dafür gecancelt, wir haben sehr geklatscht!
Das Thema haben wir zwar passgenau wie einen Slimfit-Anzug unserem lieben Gast Martin Peichl an den metaphorischen Leib geschneidert, aber natürlich hat auch er bei der Umsetzungnicht versagt. Er las drei der besten Kapitel seines Buches "Es sind nur wir": In einem müssen kaputte Vögel neu programmiert werden. In "Wie Haut funktioniert beschreibt er exakt den Limbus zwischen Halloween und Weihnachten, man hätte sich als Saurier und Meteorit verkleiden können, um Katastrophe zu spielen. Noch elender ist Flaschendrehen zu zweit. In "Eine Sprache aus Wasser" (gewidmet allen Buchmenschen) denkt sich der Protagonist eine Bibliothek der verramschten Bücher aus (die Präsidentin gerät ins Sinnieren, die Hälfte ihres literarischen Oeuvres wäre darin zu finden). Besonders schön ist Peichls "Wörterbuch des Versagens", in dem er von 13 Architekten erzählt, die sich wegen gescheiterter Bauten umgebracht haben. Oder vom längsten Marathonlauf der Welt. Und von der "Oregon Whale Explosion". Was wir in den Weihnachtsferien machen: Das geschilderte literarische Trinkspiel, bei dem man pro Ungenauigkeit in einem Buch einen Schnaps trinken muss.
Da hätte man in Meindls Roman nüchtern nicht einmal den ersten Satz geschafft (zumindest in der ersten Auflage). Die Frau, die sich bekanntlich zur Bundespräsidentin ernannt hat, um von ihrem beruflichen Scheitern abzulenken (den Move hat ihr der Trump abgeschaut), begann mit der Verlesung all dessen, was sie nicht kann ("Eskimorolle, Japanisch, Vergeben"). Im zweiten Text versuchte sie wieder einmal vergebens, mit einem törichten Mashup-Drehbuch aus zwei Filmen ("Per Anhalter durch die Galaxis" + "Matrix") Geld zu machen: Alien-Mäuse erlangen die Weltherrschaft, weil es ihnen gelingt, die negative Energie der Menschen auszubeuten - Wels, Lehrer, das Standard-Forum... Ihr "musikalischer" Beitrag war das Element des Abends, das in seiner schlampigen Ausführung dem Titel des Abends am nächsten kam, aber weil:
Chefingenieur René Monet so schön die Bluesgitarre spielte, ging's grad noch durch. Sein eigener Song - eine zeitgenössische Adaption des Bundesbahnblues ("Buserwischeblues") soll an diesem Freitag nicht zum letzten Mal zu hören gewesen sein, bitte. In Prosaform setzte der dem Kleinen Mann ein Denkmal, der so gerne in die Schlacht ritte, aber niemand hat Angst vor ihm, "armer kleiner Mann!" Ein Höhepunkt dann die einfühlsame Schilderung Herrn Ohnewalds, des Standesbeamten von Klein-Klein. Eine schiache Existenz, malerisch eingefangen! Seine Ohren wie zwei Tücher, die in den Schädel gezogen werden, das Brilletragen eine Farce...
So war das. Nun legen wir für ein Weilchen unsere doch nicht nimmermüden Finger in die Hosentaschen, diese sozialen Hängematten für Schreibende. Ihr könnt euch nun zwei Monate lang still auf unsere Wiederkehr freuen. Wir können in die Zukunft schauen, und da steht:
24. Jänner, "Schiacher Wohnen" mit Gast Chris Hütmannsberger im WillyFred Linz, 20:30 Uhr