In der Lebensmitte stellte sich uns also die Frage: Kommt da noch was? Soll man einen Zwischendank machen? Zahlt sich ein Oeuvre noch aus? Seit vergangenem Freitag finden wir: Ja. Vor allem der Professor Buttinger hat ja schön abgecasht mit seinem Lifetime Achievement Award (samt Pokal „Für Klaus und sexuelle Gefälligkeiten“).
In seinem Einführungsvortrag illustrierte der frisch Lebenswerkprämierte, warum im Herbst Laub und gut versicherte Bauernhöfe brennen, wer das alles überhaupt erfunden hat (ein Ostgote namens Tank Iu) und was Saaturnalien sind. Schon hier zeigt sich die Qualität des Publikums, das auch gewagte Wortwitze dankbar annimmt. Zu Recht! Wie auch Buttingers Tipps, wie man sich am Tag der Wahl gepflegt amüsiert.
René Monet schenkte uns beim Erntedankfest einige der schönsten Sätze der Literaturgeschichte, etwa: „Ihm waren nicht nur die vielen Mösen ein Dorn im Auge.“ Lehrreich seine Moritat vom Leben und Wirken Günni Kologes, der auf seinem Pferd „Volvo“ ins Tal der 100 Mösen ritt, um der Menschheit zu dienen, freilich unbedankt.
Sehr gelungen auch des Chefingenieurs Auftragswerk der OÖVP, „The Hills Are Alive – Erntedank neu denken“, in dem eine Melanzana türkis gefärbt wird und Zwanzig Mütter beim Umzug Laptops in Kinderwägen präsentieren, Erntehelfer auf Skateboards Gürkchen sammeln und Bierdosen feierlich eröffnet wurden. Bless our homeland forever! God bless us all!
Unsere endlich einmal bei uns lesende Gästin El Awadalla – Präsidentin der Herzen nach demokratischer Maßgabe – berichtete, einmal in Unna gelesen zu haben, Adresse: An den langen Lüssen in der Möse. Das stimmt wirklich! In ihren Texten rührte sie mit der Schilderung einer Jagd auf deutschwetungarische Riesenboviste, die schließlich (spoiler alert!) nicht als Schnitzelberg, sondern in einer politisch motivierten Zertrampelung endet. In einem anderen Text sorgt sich eine Mutter, dass die Flüchtlinge mit Schweizer Taschenmessern Weihnachten abschaffen, und ein Bauer wundert sich über Leute, die Kühe fürchten, aber deren Milch trinken. Am schönsten war aber Awadallas Phänomenologie des Jahreskreises: „Mai – a foischs Bussl und a Zeck.“
Präsidentin Meindl sagte Vergelt's Gott für ihr schönes Leben, dass sie den Fesseln der leiblichen Mutterschaft entging, weil eh ein ganzer Staat an ihrem Rockzipfel hängt (Nationalfeiertag als Muttertag, an dem man ihr zumindest ein gut gemeintes Bussi + Gedicht geben könnte), und zwar in Form einer profanen Präfatio: „Erhebet die Gläser! Lasset uns danken der Mutter Natur – das ist würdig und recht!“ So sang man das Lob der Herrlichkeit der Plattentektonik, der wir das Tote Gebirge verdanken, und das Lob der Herrlichkeit der Chemie inkl. Brauwesen. Abschließend las sie aus den dunklen Kapiteln ihrer Lebensernte, als sie etwa ein Ferialpraktikum als Landwirtschaftsminister in Afghanistan macht und am Ende die Taliban letal aus dem Bestand entnehmen muss. Aber mit lauter Blattschüssen, welche die gschissenen Gotteskrieger auch einer nach dem anderen annimmt und fürderhin aus dem Buch der Schöpfung gestrichen ist.
Most Valuable Player war – und da haben sich am Freitag eigentlich viele für das Amt angemeldet! – der Schwarzenberger Klaus, der nicht nur diese herrlichen Bildnisse anfertigte (und deswegen selbst hier unsichtbar bleibt, es ist ein undankbarer Job), sondern für 78 Prozent der besonders scheußlichen Tombola verantwortlich war, das dürfen wir aber nicht verraten, um kein schlechtes Licht auf die Geschmacksgüte seiner Haushaltseinrichtung zu werfen. Als ob das nicht schon Verdienst genug gewesen wäre, füllte er spontan die Leere des Open Mics. Erneut wurde er seinem Ruf als existenzialistischer Philosoph des Ekels gerecht. Warum etwa kacken Zombies nicht, obwohl sie so viel Blut fressen, dass sie eigentlich Blunzen scheißen müssten? Rührt daher ihr Röhren, weil sie so verstopft sind?
Musikalisch wartete die „Blutgruppe“ mit einem lieben Gruß an den frisch nichtgeimpften FPÖ-Parteiobmann Herbert „Trottel“ Kickl auf: „Faschiiiiiiissst“ zur Melodie des one hit pony „Steelers Wheelers“. Monet entrückte das Auditorium mit einer randy Gemüsehommage, in der es ziemlich viel um Kürbisse und Gurken ging. Cheesy! Aber auch sehr gut. Im Verbund wurde am Ende das bewährte Dankelied abgesungen: „Danke für all die Tupperware, so hat das Leben Sinn!“
Im Tagebuch verabschiedete sich schließlich das Ensemble nach 43 Dienstjahren von der Erde. Pfiateich, und schen Daung fia olle Fisch. Es war also ein großes Fest der Erkenntlichkeit, Lob und Preis den Menschen im Strandgut!
Die nächste Lesebühne wird euch am 22. Oktober zuteil, möge uns die Herrin Mutter Natur bis dahin auf unseren Wegen segnen. Zu Gast ist Sveta Schwin, wir freuen uns närrisch!