Dienstag, 3. Mai 2022

Spritzendes Herzblut, Eierstöcke voller Bienen und Androiden mit Harnverhaltung: Die Nachlese zur Roboter-Lesebühne

Und so kam es, dass wir nach dieser ersten realen, analogen Lesebühne seit 1000 Jahren Pest dastanden wie wunderliche Tiroler auf dem Glungezer und sagten: "Mei, schian! A so a Tagele! Gewaltig!" Das menschliche Glücksgefühl angesichts humaner Gemeinschaft kann uns halt kein Roboter wegrationalisieren. Und Sachen nicht der Reihe nach erzählen, dass ist auch ganz und gar menschlich (bzw. Unart der hier nachberichtenden Bundespräsidentin).

Es ging also um Roboter vergangenen Freitag - unser Einstieg in den Projektzyklus "Digital Linzer Worte", ein Leuchtturmprojekt für das Land der Moöglichkeiten in der Konjunkturbrumm-Metropole L_nz! 

Zu Gast war Silke Gruber aka wand_lungen. Wir hatten ihr zur Entspannung vorher eröffnet, dass sie in ihrem Tirolerisch gerne auch nur die Bedienungsanleitung für einen Rasenmäherroboter vorlesen könne, wir seien ihr linguistisch jetzt schon verfallen. Tat sie aber nicht! Stattdessen erquickte sie uns mit einem Up-Date-Leidensprotokoll (feelin' ya) und einer elektro-gestützten Hommage an Doris Days "Que sera?" Die Antwort war eine Aneinanderkettung mütterliche Weissagungen im Sinne von "Es kimb, wosch kimb".

Die allerschönste Idee an einem ideenstarken Abend: Was, wenn die kleinen Kinder nicht mehr von Frauen produziert werden müssen, sondern vom Fließband kommen, oder wirklich einmal vom Storch, oder von anderen Tieren, die einen Image-Boost brauchen? Die von der Reproduktion befreiten Frauen atmen auf, stattdessen bringen sie Bienen auf die Welt - eine Geburt ist nicht mehr als ein kleines Fürzlein, und nebenbei hat man was für die Umwelt gemacht. Top! Das Beste aber: Weil die Gebärmutter etc. nicht mehr so viel Platz braucht, lässt die Evolution den Damen jetzt Blasen wachsen, die so viel Urin fassen, dass sie nur noch alle drei Tage Lulu müssten. Wie cool ist das denn!?

Professor Buttinger klärte das Publikum singend darüber auf, dass Roboter nicht aufs Klo müssen, weil sie keine dafür geeigneten Organe besitzen. Good to know! Weiters informierte er das Publikum, dass es im Verblendungszusammenhang der Matrix gefangen sei, und dass die Menschen bald eingespart werden, also möge man sich bitte kämpfend erheben, aber JETZT!!! Leider verfällt er im Zornesrausch auch auf die Idee, die Kolleg:innen für Propaganda-Roboter zu halten, weswegen ihn die Präsidentin per Spock-Betäubingsgriff kurz auf Standby setzt. Nachher geht wieder alles tipptopp beim ProfBot Buttinger. Seine Moritat zweier Automaten, die sich ineinander verlieben, prangte mit zwei Schlüssen - einem traurigen und einem noch traurigeren. Unsere Gefühlschips knarzten vor Empathie.

In vitalem Grün ausgeleuchtet ist hier Chefingenieur René Monet abgebildet. Er verlas eine skurrile To-Do-List für eine Alexa-Armee. Sehr mitreißend auch seine Ballade von am hoatn Omd voll hinicher Technik - Mensch vs. Roboter vor dem "Wir sind die Roboter"-Soundwall. Kraftwerk für Lustige!Voll menschlichem Leid dann sein Schlusslied über die allmähliche Verdrängung des Menschen durch Schrauben, Prothesen und Chirurgie zu den Klängen des geliebten Semmeltrenz-Klassikers "Fake Plastic Trees" von Radiohead. "Bitte gebt's ma an Frühling nu! I bin scho hi - nehmt's an Automatn."
 

Präsidentin Dominika Meindl hatte einen besonders singschwachen Tag und musste alle ihre Strophen an die verlässlicheren Mitarbeiter outsourcen, aber das kommt davon, dass man keine Maschine ist, die kann immer. Stattdessen schickte die Matriarchin in einem leicht autobiographischen Text (anders kann sie's nicht) ihre "Heldin" auf der Flucht vor allzu menschlichen Terminatoren in die Alpenfestung im Toten Gebirge. Die fiktionale Heldin hatte nämlich durch die Erfindung von Hobby-Robotern, die statt uns Tiere streicheln und Briefmarken sammeln, das Ende der biologischen Bevölkerung + der heiligen Dreifaltigkeit ausgelöst. Blutgruppe B positiv spritzt auf Aprilschnee, After Eight werden gehasst und die Wirkmacht der Sprache gefeiert. Das Übliche halt!

Das alles nur, um einen Spannungsbogen hin zur vom Publikum hibbelnd herbeigesehnten Tombola des Grauens zu spannen!

Ist das eine Tombola, oder was?! Das Beste: Dieses herrliche Schnapsfässlein im Zentrum wurde noch nicht abgeholt und wartet am 20. Mai auf sein neues forever home wie ein Dackel im Tierheim. Diese VHS-Kassette hat schon seine neue Besitzerin gefunden, und wir freuen uns mit ihr wie Edith Klinger für Sachen.


 Nächste Lesebühne: 20. Mai - die Ankündigung ist schon in diesem Blog zu lesen!

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