Mit etwas Verspätung hier unsere bei der vergangenen Lesebühne verlesene Proklamation nach den Anschlägen auf "Charlie Hebdo" und Juden im Supermarkt:
Liebe
Gäste, jetzt mal im Ernst. Sie haben alle in den letzten Tagen
mitbekommen, dass es einen unfassbar abscheulichen Anschlag auf die
Presse- und Meinungsfreiheit gab. Wir, als Lesebühne „Original
Linzer Worte“, die wir die Satire und damit die Kritik an
bestehenden Verhältnissen – ob in Politik, Wirtschaft, Kunst oder
Religion – hochhalten, möchten dazu Stellung nehmen. Wir halten es
mit Kurt Tucholsky, der auf die Frage, was Satire dürfe, sagte:
ALLES. Wäre Satire bloß Unterhaltung und was das Fernsehen darunter
versteht, würde sie ihre Funktion nicht erfüllen, nämlich
aufzuklären und anzuklagen. Deshalb darf Satire auch weh tun, und
sie braucht kein gefälliges Kleid, in dem sie auftritt, siehe den
einfachen Strich bei Charlie Hebdo.
Satire
ist notwendig, denn sie erfüllt in der Gesellschaft eine
Reinigungsfunktion. Sie befreit von Dummheit und Engstirnigkeit. Eine
Gesellschaft, ein Staat, eine Religion, die Satire bekämpft oder
nicht zulässt, sieht reinigende Prozesse als Gefahr. Folglich hat
sie Dreck am Stecken.
Ebenso
unverhandelbar wie die Satire selbst ist die Form, in der sie
auftritt. Selbst als wüste Polemik oder Blasphemie erfüllt sie
ihren Zweck.
Noch
kurz zur Religion. Wer Religionsfreiheit fordert, muss auch die
Freiheit von Religion akzeptieren. Wer über die Verletzung
religiöser Gefühle klagt, muss akzeptieren, dass jede Religion
atheistische Gefühle aufs Gröbste verletzt. Es gibt, Damen und
Herren, mit großer Wahrscheinlichkeit keinen Gott und kein Paradies
nach dem Tod. Das Paradies ist nur im Diesseits zu schaffen. Märtyrer
ruinieren es.
Die
„Original Linzer Worte“ ersuchen deshalb allfällige Fanatiker,
ihren Attentatsfokus auf die Bühnenakteure zu richten und das
Publikum zu verschonen.
Übrigens
lässt sich die Frage, ob man nach Arschlochtaten wie in Paris –
mit so vielen Opfern – noch Witze machen darf, adäquat
beantworten. Nämlich mit einem Witz. Und der geht so.
„Treffen
sich zwei Religionsfanatiker.“
Gut,
oder?
Klaus Buttinger, im Namen der Original Linzer Worte
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